von Maxell63 » 12.06.2014, 15:29
ich will euch ja nicht so einen Event vermiesen, aber Messungen auf einem Rollenprüfstand haben schon etwas viel "Freizeitcharakter". Es macht Spass, gerade in der Gruppe, aber die gemessenen Ergebnis sollte man nicht all zu ernst nehmen. 5% Messfehler (oder deutlich mehr) in jede Richtung sind fast nie vermeidbar. Eine S1000RR mit echten 200PS wird also mit irgendwas zwischen 190PS und 210 PS gemessen. Je nach Tagesform und je nach Bediener des Prüfstands. Welcher Wert aber wirklich innerhalb dieser 20 PS stimmt, kann man nicht mit einem Rollenprüfstand bestimmen. Dafür sind die Dinger auch gar nicht gemacht. Übrigens ist es für einen Erfahrenen Operator extrem einfach möglich, "mal eben schnell" 10 PS mehr zu messen, wenn das gerade opportun erscheint ;)
Mal eine kleine Ausführung aus einem wissenschaftlichen Bericht dazu, ist ganz interessant:
Messfehler und ihre Auswirkung
Eine Leistungsmessung auf einem Rollenprüfstand ist mit diversen
Schwierigkeiten verbunden . Gerade wenn es darum geht, Fahrzeuge mit viel
Leistung zu messen. Folgende große Störfaktoren können die Messung zum Teil
enorm beeinflussen:
1. Reifentyp und Reifendruck
Der verwendete Reifentyp sowie dessen Luftdruck beeinflussen die
Radverlustleistung zwischen Prüfrolle und Reifen. Durch einen hohen
Reifendruck z. B. wird die Verlustleistung künstlich herabgesetzt, da die
Auflagefläche geringer wird. Gleichzeitig sinkt aber auch die Traktion, was
wiederum zu Messfehlern führen kann.
2. Befestigung des Fahrzeugs
Die Befestigung des Fahrzeugs auf dem Prüfstand ist bei hohen Leistungen
unerlässlich, um die Traktion und Sicherheit zu gewährleisten. Der
dadurch aber künstlich erhöhte An pressdruck auf die Rolle erhöht die
Verlustleistung.
3. Traktion auf der Rolle
Je nach Beschaffenheit der Prüfrolle und Reifen ist die Traktion eines der
größten Probleme, um große Leistungen korrekt zu messen. Ein
Traktionsabriss kann auch unbemerkt vonstatten gehen.
4. Ansauglufttemperatur
Die Ansauglufttemperatur wird in der Ansaugbrücke gemessen und spielt
für die erzeugte Leistung eine maßgebliche Rolle. Die
Ansauglufttemperatur liegt i.d.R. deutlich über der Umgebungstemperatur
und hängt auch nicht linear von dieser ab. Faktoren wie Hitzestau spielen
hier eine große Rolle. Als Faustformel kann man sagen, dass man durch
die veränderte Dichte von warmer gegenüber kalter Luft pro 3,3°C je 1%
Leistung gewinnt oder verliert. Eine gute Telemetrieauswertung während
der Messung ist somit un~erl ässl ich.
5. Kühlwassertemperatur
Auch die Kühlwassertemperatur hat großen Einfluss auf die erzeugte
Leistung. Abweichungen von bis zu 7% können bei Turbomotoren bei
ansonsten identischen Bedingungen hier beobachtet werden.
6. Fehlender Fahrtwind
Gerade bei Hochleistungsturbomotoren ist eine korrekte Anströmung des
Motors und des Ladeluftkühlers von entscheidender Bedeutung. Hitzestau
verhindert ohne langwierige Konditionierung des Fahrzeugs vor dem
Prüfstandlauf ein ausreichendes Absenken der Ansauglufttemperatur, was
zu einem drastischen Leistungsverlust führen kann.
Echte Verlustleistung
Auch wenn nahezu alle Prüfstandhersteller Funktionen anbieten, um aus der
gemessenen Radleistung auf die Motorleistung zu schließen, gibt es dennoch viele
Experten, die diese Messungen für nicht möglich halten. Die Gründe hierfür
möchten wir nun versuchen zu erläutern.
Was ist eigentlich Verlustleistung? Al le mechanischen Systeme haben eine
gewisse Reibung, in der zugeführte Energie in Wärme und/oder Schall
umgewandelt wird. Um aber einen Verlust an Leistung zu verursachen, bedarf es
zwingend einer zugeführten Energie. Wenn also der Motor eines Autos abgestellt
ist und so keine Energie dem Getriebe zugeführt wird, kann auch keine Energie
verloren gehen. Die Verlustleistung ist in diesem Fall also 0%.
Wenn das Fahrzeug fährt, wird ein gewisser Prozentsatz der zugeführten Leistung in
Wärme umgesetzt und kommt somit nicht mehr an den Rädern an . Für den
größten Teil der Verlustleistung sind im übrigen die Reifen selber mit ca. 50%
verantwortlich.
Die Verlustleistung auf einem Rollenprüfstand wird normalerweise durch das
Auskuppeln am Ende des Drehzahlbandes nach der Messung ermittelt. Der
Prüfstand misst dabei die Kraft, die das nun noch mit dem Antriebsstrang
verbundene Getriebe dem Prüfstand entgegensetzt. {Und) Genau an dieser Stelle
ist der Fehler im System. Der Motor ist ausgekuppelt und bringt somit keine
Energie mehr in das Getriebe, welche verloren gehen kann.
Der Widerstand des Getriebes gegen die Prüfstandrolle wird zwar exakt ermittelt,
hat aber mit der tatsächlichen Verlustleistung der zugeführten Motorleistung
überhaupt nichts zu tun. Es wäre in diesem Zustand völlig egal ob am anderen
Ende der Kupplung ein 800 PS Formel-l Motor oder ein 60 PS Fort Fiesta Motor
angeschlossen ist. Für die Messung der Verlustleistung des Prüfstandes ist es
völlig irrelevant, und ein Prüfstand würde bei beiden Fällen exakt die gleiche
absolute Verlustleistung ermitteln. Tatsächlich ist aber die absolute
Verlustleistung eines Formel-l Motors um einiges höher als die des 60 PS Motors.
Evtl. ist es dem ein oder anderen schon einmal aufgefallen wenn er verschiedene
Prüfstanddiagramme verschiedener Prüfst.nde und Motoren mit einander
verglichen hat.
Bei einigen Prüfständen ist die maximale prozentuale Verlustleistung {diese ist bei
maximaler Drehzahl meist am größten, da dort die maximale Reibung zwischen
den Getriebeteilen, Wellen und Reifen anliegt) bei gleichem Fahrzeugtyp und
ähnlichen Leistungen 8%, anderswo wiederum 10% oder 15%, manchmal
kommen auch Verlustleistungen von 30% oder mehr bei identischem Fahrzeugtyp
zustande!
Wie kann das sein?!? Es handelt sich ja immer um das gleiche Fahrzeug, also
würde man erwarten, dass die Verlustleistung prozentual immer in ähnlichen
Bereichen liegt. Die Unterschiede kommen daher, das beim Coast-Down die
Energie aus der Rolle des Prüfstandes welche durch die vorangegangene
Beschleunigung in Form von rotatorischer Energie gespeichert ist wieder an das
Getriebe abgegeben wird. Dies ist wie ein Motor, nur eben nicht der tatsächliche
Motor. Die vorhandene (echte) Reibung im Antriebsstrang bremst nun diese Rolle
und vernichtet somit die rotatorisehe Energie. Liegt die Beschaffenheit der
Prüfstandmasse also nahe an der des tatsächlichen Motors, stimmt diese
Verlustleistungsmessung ungefähr. Weicht der Prüfstand vom Motor ab, liegt die
Verlustleistungsmessung teilweise extrem daneben und extrem hohe
Verlustleistungen sind die Folge.
Da man aber aufgrund der vielen Parameter nie genau bestimmen kann ob sich
der Prüfstand genauso verhält wie ein Motor, ist jegliche Messung nur eine grobe
Schätzung.