von Serpel » 17.05.2019, 14:05
Auf Nachfrage hier ein kurzer Erfahrungsbericht zu den MPP 2CT, die ich gestern frisch aufgezogen habe.
Zunächst fällt auf, wie weich und flexibel die Karkasse ist. Ob das wohl gut für Geradeauslauf, gezieltes Einlenken und Stabilität in Kurven ist? Zunächst egal - denn die Montage dieser Reifen geht kinderleicht von der Hand und das ist das Einzige, was im Moment zählt. Negativer Begleiteffekt dieser "labberigen" Konstruktion ist allerdings, dass die Luft beim Aufpumpen anfänglich gerade so schnell entweicht, wie sie durch das Ventil hineinströmt.
Irgendwann ist die Luft drin (2.5 v/2.9 h), die Reifen ausgewuchtet, wieder eingebaut, alles kontrolliert und die Fahrt kann beginnen. Das erste, was mir auffällt, ist das hinlänglich bekannte Hineinkippen in Kurven. Physikalisch ausgedrückt heißt das nichts anderes, als dass die Kraft, die den Lenker nach vorn zum Einlenken drückt, minimal ist. Und zwar so minimal, dass ich mir bis zum Ende der Probefahrt nicht sicher war, ob die fortwährend empfundene Instabilität durch den Fahrer selbst bedingt ist oder eine Folge der weichen Karkasse.
Was man in der Fachpresse auch nicht genügend ergründet, ist das Kippeln dieser Reifen bei größerer Schräglage. Dadurch, dass die einlenkende Kraft am Lenker ohnehin schon sehr gering ist und bei zunehmender Schräglage weiter zurück genommen werden muss, kommt man rasch an einen Punkt, wo die Lenkerkraft null ist, obwohl das Fahrzeug noch am Kippen ist. An diesem Punkt muss die Lenkerkraft zwingend umgekehrt werden, das heißt der Fahrer muss jetzt am kurvenäußeren Lenkerende leicht drücken, um die stabile Kurvenfahrt einzuleiten. Das ist der Punkt, der als "Kippeln" empfunden wird und anfänglich für Unsicherheit sorgt.
Mir ist es gestern auch so ergangen, als ich die ersten Kehren am Julier schwankend und wackelnd wie ein Anfänger umrundet habe, weil ich diese Umkehrung der Kräfteverhältnisse noch nicht im Kopf hatte. Aber erstens lernt man das recht schnell und zweitens sorgt der Abrieb an der Flanken früher als man denkt für eine Neutralisierung. Im Moment ist es noch so, dass der Reifen extrem leicht ein- und entsprechend schwer wieder auslenkt. Bin gespannt wie lange es dauert, bis sich die beiden Kräfte die Waage halten und sich der Reifen wie ein normaler Reifen fährt. Als Vorteil sehe ich bei dieser Auslegung natürlich im Lenkverhalten mit abgenutzten Flanken. So ein Eiertanz wie zuletzt beim S20 Evo wird das voraussichtlich nie werden.
Obwohl ich gestern noch nicht auf Kante war, hatte ich beim Herausbeschleunigen aus weiteren Kehren ein ums andere Mal das Gefühl, die Rutschgrenze erreicht zu haben. Wobei ich aber nicht sagen kann, ob das einknickende Reifenschultern waren oder am Ende gar nur der schmierige Belag des Neureifens. Eins ist sicher: die Stabilität eines Power RS oder auch S20 Evo in Kurven erreicht der Power 2CT nicht.
Auf der Autobahn dann fiel es mir schwer, das Motorrad geradeaus zu lenken. Irgendwie hatte ich immer Unruhe im Fahrwerk. Aber auch hier kann ich nicht sagen, ob das meine Arme selbst waren (ich hatte schon 300 Kilometer Fahrt hinter mir und einen anstrengenden Nachmittag mit der Montage zugebracht) oder ob der Reifen tatsächlich nicht sauber geradeaus läuft.
Ich muss mich nochmals fit und gut ausgeschlafen auf den Hobel setzen, um die Sache abschließend zu beurteilen. Gestern war ich irgendwie bereits etwas über den Jordan ...
Gruß
Serpel