Nun, Einfahren ist heute eine Philosophiefrage, denn eine Technikfrage.
Aber gehen wir mal einige Jahrzehnte zurück:
damals waren die Fertigungstoleranzen alles andere als das, was wir heute kennen. Damals mussten sich wirklich die Bauteile einschleifen und aneinander anpassen. Dafür hat man dann am Anfang auch ein sprezielles Öl, das Einfahröl eingefüllt, dass in seinen Eigenschaften das Anpassen der Bauteile förderte. Die Reibminderung durch dieses Öl war gezielt reduziert.
Dadurch gab es mehr Reibung und eben auch mehr Wärmeentwicklung.
Heute wird eher selten in PKW-Bereich noch ein Einfahröl eingesetzt - zumindest wüsste ich keinen Grosserienhersteller, der hier den entsprechenden Extraaufwand einer 1000er Inspektion seinen Autokäufern zumuten will. Zudem sind die Fertigungstoleranzen so gering, dass ein Anpassen der Bauteile nicht mehr nötig ist, ja teilweise durch Oberflächenbeschichtungen sogar unerwünscht ist.
Eine DLC-Beschichtung will man nicht schwächen! Gesputterte Oberflächen will man auch nicht unbedingt abtragen.
Hier verwendet man kein Einfahröl mehr, welches 'geringerwertige' Schmierung realisiert. Heute sind von Werk aus hochwertige Vollsynth.-Öle eingefüllt, die genügend gut schmieren, so dass kaum/keine erhöhte Wärmeentwicklung entsteht.
Das gilt ebenso für die nachträgliche Montage von Nockenwellen oder anderen Beuteilen. Wenn hier kein speziellel Einlauföl verfüllt wird, dann gibt es diesen Effekt des Einlaufens auch nicht so wirklich. Folglich braucht man da auch keine Beschränkungen bei den Drehzahlen beachten.
Und letztlich gibt es moderne Forschungen ->
https://www.heise.de/hintergrund/Wie-ge ... 69325.htmlBei BMW-Motorradwerk im Werk Spandau werden die neuen Motoren geprüft. Dazu gehört wohl auch eine entsprechende Beanspruchung des Motors als Qualitätscheck (Leistungsprüfung). Wenn das mit dem Einfahren so kritisch wäre, dann würden die Motoren dort doch sofort geschrottet werden! - Nicht wahr?
Aber mal eine andere Fährte:
was ist das Problem von Hochleistungsmotoren -> Schmiedekolben.
"Ach, Schmiedekolben sind das Problem - ich dachte immer, dass Schmiedekolben so toll sind, teuer und genial!"
Nun, Schmiedekolben sind schon toll aber sie haben auch deutliche Nachteile zu Guss- oder Spritzgusskolben. Schmiedekolben dehnen sich stärker aus als Gusskolben! Bei Schmiedekolben kommt es mehr auf das WARMFAHREN an als bei den anderen Kolben. Sie sind fester und belastbarer, aber nur, wenn sie im betriebswarmen Motor laufen. Aber sie dehnen sich mehr aus und dann ist ausgerechnet der Kolben das Bauteil, was sich am schnellsten erwärmt, also schneller als der Motorblock.
Ich glaube, jetzt ist klar, wo die Problematik liegt. Gerade bei den Hochleistungsaggregaten in unseren S-Modellen.
Übrigens ist die Öltemperatur nicht deshalb wichtig, dass das Öl genügend warm und vermeindlich schmierfähig ist - das ist es schon ab ca. 40°C in vollem Umfang. Nein, hier geht es um die Temperatur in den Tiefen des Motors. Ist das Öl betriebswarm, ist der Motor in den inneren Bereichen betriebswarm und die Betriebsspiele haben sich eingestellt. Die Schmiedekolben treffen nun auch wieder auf einen Zylinder der sich zögerlich nun aber genügend weit ausgedehnt für die Kolben.
So, jetzt habe ich fertig und hoffe, dass das mit dem Einfahren etwas klarer geworden ist.