Vic Mackey hat geschrieben:In meinem Vorstellungthreat wurde allgemein meine "Schreibe" gelobt. Vielen Dank dafür.
Daher dachte ich mir, es könnte den einen oder anderen interessieren, wie die "rasende Resi" und ich uns näher kamen.
Mein Fahrbericht mit der S1000RR im März mit Team Motobike in Calafat -
Rendezvous mit Resiund Team Motobike in CalafatDas ist keine Liebesgeschichte. Kein rosarotes Geschwafel aus getrübten Sinnen. Dies ist die Realität und die lässt keinen Platz für Verschnörkelungen. Ein jeder der mich kennt wird es bestätigen können: Ich bin ein Anhänger der Reiskocher, d.h. ich verehre den japanischen Sportmotorradbau – bedingungslos!
Aus Zeiten, in denen deutsche Hersteller sportliche Motorräder bauten, konnten meiner Generation nur noch wenige Zeitzeugen berichten. Wir wuchsen auf mit ZXR und GSX-R und träumten von Fireblade und R1. Die Japaner brachten reines Rennmaterial auf die Straßen und ermöglichten es, dass wir uns beim täglichen Ritt auf der Hausstrecke wie Schwantz und Rainey, Doohan und Rossi fühlen konnten. Sie machten Träume wahr und erschlossen damit einen völlig neuen Markt.
Als die Projektmanager aus München es wagten, ihre profitgierigen Hände nach diesem Markt auszustrecken, schrie ich „Blasphemie“! Als sie mit der Arbeitskürzel „193/193“ die eigenen Ansprüche hinsichtlich Leistung und Gewicht hochschraubten und öffentlich bekundeten, lachte ich schallend. Unglaublich, wie können sie?! Schließlich hatte Suzuki gerade mit den Kilogixxern K5/6 die Benchmark gesetzt, 175 Pferde bei knapp 200 Kilo – das war es und um ehrlich zu sein, kam in den Folgejahren auch nicht wirklich mehr nach.
In dieser Zeit lief der bayuwarische Apparat allerdings auf Hochtouren. Die versammelte Konkurrenz wurde in geheimen Forschungslaboren und Werkhallen seziert um hinter das Geheimnis zu kommen, was schnell und stark macht. Und so verwundert es auch nicht, dass die S1000RR, wie sie im letzten Jahr der Öffentlichkeit präsentiert wurde, optisch nicht überraschen kann. Spötter hörte man lästern „einen schönen Japaner“ hätte BMW da gebaut. Tatsächlich, alles schon dagewesen und um überhaupt eine markante Differenzierung zu setzten fanden sich Begriffe wie „Splitface“ und „Asymmetrie“ in der Formensprache der Designer. Diese prägen das Gesicht des Superbikes, wie ein Hufschlag einst das Antlitz der liebreizenden Resi.

Resi, die Tochter des Jausenwirten an der Passstraße hoch oben, die seinerzeit in einem Anfall von Übereifer versuchte, den Stier anstelle der Kühe zu melken. Der Versuch kam sie teuer zu stehen - seit dem blickt sie nur noch aus einem voll geöffneten Auge. Ihre Kehrseite hingegen betört ihre Verehrer – so wie beim bayerischen Superbike auch. Das Klarglas-LED-Rücklicht mündet keck in zwei Spitzen und reckt sich den Verfolgern entgegen, wie Angus Young die gehörnte Faust – das rockt!

Resi (gesprochen „Race-ie“) nenne ich also auch die Bayerische, seitdem ihre Präsentationsfotos durch das weltweite Netz geisterten. Zum Rendezvous hatte mich Team Motobike ins spanische Calafat geladen. Einige Monate nachdem die schreibende Kollegenschaar bereits Gelegenheit hatte bei Häppchen und PR-Vorträgen die Maschine lieben zu lernen, wurde mir Gelegenheit geboten, das Superbike unter fachkundiger Anleitung der Team-Instruktoren auf dem, mir völlig fremden Kurs auszuwinden und sie schonungslos auf ihre Schwächen hin zu testen. Lob gehudelt wurde weiß Gott ja schon genug.
Doch vor das Rendezvous haben die Götter erstmal die Suche gesetzt, denn die Strecke in der katalanischen Provinz zu finden, ist gar nicht so einfach. Letztlich lohnt sich die Suche, denn der Circuit Calafat überzeugt mit neuem Fahrbahnbelag und dem bekannt anspruchs- und reizvollen Streckenverlauf unweit der Küste. Nur dank Team-Member „Rakete“ finde ich die Linie, und dank der Handlingseigenschaften des Bayernbikes mich auch schnell zu Recht. Es ist wahr: Die Maschine, die in den Abmessungen an eine 600er erinnert, bestärkt diesen Eindruck im Fahrbetrieb, folgt jeder Korrektur, sticht in den Radius wie ein Dart ins Bullseye und macht die Linienwahl beliebig. Die Sachskomponenten leisten dabei hervorragende Arbeit und harmonieren ungemein mit den leichten und formschönen Serienrädern der Fa. Behr, sowie der Erstbereifung aus dem Hause Metzeler

Das Triebwerk überzeugt bereits im, zum warm werden gewählten, „Rain“-Modus. 150 PS liegen hier an, es handelt sich jedoch um weit mehr als ein schnödes Mapping. Vielmehr ist es eine Komposition aus gemäßigter Leistungsentfaltung, frühregelnder Traktionskontrolle (DTC) und ABS-Einsatz. Wo vergleichsweise in C-Modi fernöstlicher Fabrikate nur lustlos Bauteile bewegt werden, kann man der BMW selbst im Kastrationsbetrieb nicht das Temperament absprechen. Kein Vergleich jedoch zum „Sport“- oder gar „Race“-Betrieb, in den ich bereits wenig später wechsle.
Hier wird die Nennleistung von 193 Pferden aufgerufen – das jedoch bislang jedes gemessene Serientriebwerk die 200 PS-Mauer eingerissen hat und auch meine Testmaschine gut im Futter steht, merkt man auch Anhieb.
Man fragt sich, weshalb in München derart tief gestapelt wird – Understatement pur oder Angst vor reißerischen Boulevardschlagzeilen?! Das angestrebte Leistungsgewicht von 1:1 hat man damit jedenfalls erreicht. Nicht zuletzt, da das Race-ABS im Vergleich zur Fireblade gerade mal 2,6 Kilo aufträgt.
Ein System, von dem ich übrigens während der Testtage auf weitestgehend trockenem Geläuf kaum etwas zu spüren bekomme. Wäre ich nicht so ein Regenschisser, der es vorzog an die Box zu fahren, anstelle dass rund 18.000 Euro teuer Superbike womöglich in die spanische Erde zu reiben, hätte ich mich vielleicht von dessen Qualitäten überzeugen können. Trotz stellenweise widriger Bedingungen, gab es keinen RR-Crash im feld. Lob an die Bremse: Auf trockenem Grund ist das ABS fast nicht in den Regelbereich zu bekommen. Vielleicht bremse ich nicht hart genug. Fakt ist: Man muss es schon provozieren, will man das leichte Pulsieren im Handhebel spüren. Und es pulsiert tatsächlich, im Gegensatz zum Honda-System. Doch dafür bietet es im direkten Vergleich auch einen echten Druckpunkt, welchen man bei der CBR schmerzlich vermisst.
Lauscht man in den Pausen zwischen den Turns den Teilnehmern, hört man von allen Seiten nur Positives. Und das sind keine vorformulierten Presseerklärungen, es ist „Volkes Stimme“. Egal ob sich die Instruktoren über ihr neues Arbeitsgerät auslassen oder Kunden, die sich eine Mietmaschine genommen haben, von ihren Erfahrungen berichten – einhelliges Urteil: „Ist das Teil geil!“
Dem kann ich mich nur anschließen. Wenn man aus der Spitzkehre über einen leichten Hügel in Richtung der „Scheißhauskurve“ (die heißt tatsächlich so!) rausfeuert, in Schräglage dank Schaltautomat die Gänge kupplungslos durchreißt und dabei Schaltblitz und DTC-Kontrollleuchte fröhlich um die Wette blinken, beamt dich das in eine andere Welt. Willkommen im 21. Jahrhundert! Das ist Racing wie an der Spielekonsole. Wo man sich normalerweise mit einem gewaltigen Highsider in die spanische Gipserei abmelden müsste, schreit man vor Glück nur noch in den Helm.

Normal bin ich ein sehr bedächtiger Mann an der Kurbel. Wenn es um die pure Leistung aus der Literkanone geht, wähle ich im Zweifel lieber einen Gang zu hoch und ziehe vorsichtig auf. Auf der Bayerischen verkommt das Gasgeben hingegen zum Digital-Kommando: AN-AUS. Raketenstartmäßig, nur dass die Bodenkontrolle hier nicht in Houston, sondern direkt unter deinem Hintern sitzt, feuert dich das Superbike aus der Kurve. Schießt dich in die Umlaufbahn, wie Lena Meyer-Landruth ihren Satelliten in die Charts. Jedenfalls wenn man den Reihenvierer nicht unter 6500 Rotationen sinken lässt; ab hier spielt die Musik, bis hinauf in die höchsten Töne bei 14.000 Umdrehungen.

Natürlich dürfen Kritiker ihre Bedenken anmelden, schließlich entscheidet hier die Elektronik über „Wohl und Weh“ des Fahrers. Wer hier „Entmündigung“ skandiert, darf sich gerne weiterhin an der Leistung „unkontrollierter“ Bikes beweisen – ich persönlich ziehe es vor, mir mein Leben leichter zu machen und weniger Zeit in der Reha zu verbringen.
Mir ist klar, dass ich nicht der größter Fahrer aller Zeiten bin, aber auf der S1000RR nehme ich wesentlich stärkere Fahrer im Sturm auf jeder erdenklichen Linie, wann und wo ich will Eingang Start-Ziel aus tiefer Schräglage rechts auf links umlegen und den Abzug spannen - die „Race-ie“ macht den Rest. Katapultiert mich auf die Gerade hinaus in Richtung der Boxenmauer und wird bis in den 3. Gang dabei lediglich von der Wheeliekontrolle am vehementen Steigen gehindert. Jedem Zuschauer im Paddock muss es erscheinen, als würden die anderen Bikes parken.
Die zweifelhafte Optik der Bayerin gerät dabei in Vergessenheit. Nein – sie wird bedeutungslos! Man blickt selbst während den Pausen im Fahrerlager immer wieder fasziniert zum acid-grünen (?) Bike (das in Schwarz viel besser aussieht!).
Der Grundsatz „die Kellnerin ist die schönste Frau der Welt!“ trifft hier voll. So wie die holde Resi am Abend in der Jause, schenkt uns das Bayernbike ordentlich ein und versüßt uns mit ihrer unkomplizierten Art selbst noch den eigenartigen Kräuterschnaps, der wider Erwarten nicht zum Erbrechen führt.

Wer sich selbst ein Bild von den Qualitäten der Bayerischen machen, den BMW-Händler jedoch nicht im zerwetzten Einteiler schocken möchte, der ist bei den diversen Testrides des Team Motobike richtig. Hier stehen eine breite Palette Leihmaschinen zur Verfügung. Neben den zahlreichen „Resis“ nach wie vor auch exklusive Sportboxer vom Typ HP2, K1300 und auch F800R. Bei solchen Gelegenheiten er-fährt man sicherlich besser, was den Unterschied der BMW zu den etablierten Konkurrenten ausmacht.
In der Hochphase fernöstlichen Sportmotorradbaus fährt dieser deutsche Schlager den Japanern in die Parade, wie Dieter Thomas Heck zur besten Sendezeit. Die RR ist ein Hit, auch wenn die Wunschplatzierungen in der Superbike-WM noch auf sich warten lassen. Die Wahrheit findet sich jedoch im Seriensport, wo BMW, wie zuletzt bei den 1000km von Hockenheim triumphiert.
BMWs Einstieg hat sich gelohnt. Das Superbike avisiert zum Verkaufsschlager. Die Warteliste derer, die auf Auslieferung ihrer Maschine warten ist lang und dabei liegt man zwar lediglich im Basispreis von 15.500 Euro auf Augenhöhe mit den Japanern. So „nackt“ wird wohl kaum jemand seine Maschine wollen. Wenn man dann noch bedenkt, dass die üblichem Preisnachlässe von 15-20 Prozent bei Nipponware von den Bayern nicht zu haben sind, dann besteht doch auch ein deutlicher Preis-Klassenunterschied. Werde mich gleich daran machen, meinen Bausparvertrag auszahlen zu lassen.
Ich danke Team Motobike für die schönen und lehrreichen Tage auf dem spanischen Kurs. Die Stimmung bei TMB erinnert schon fast an Familienfeste; Jürgen Fuchs macht als Gastinstruktor Stimmung und Hausfotograf Jonny (PIXELrace.de) die Erinnerungsfotos dazu. Und Dank auch der holden Resi, für diese „Runden des Glücks“.
