Nachfolgend ein paar Anmerkungen zu den angegebenen Schräglagen bei Kurvenfahrt (57° etc.):
Bei Kurvenfahrt sind alle Schräglagen begrenzt durch die Seitenführungskräfte der Reifen (Luftdruck, Reifenaufbau, Gummimischung, Aufstandsfläche, Reifentemperatur) und dem Haftreibungskoeffizient der Straße (naß, trocken, Mikro- und Makrorauigkeit des Straßenbelages).
Der Haftreibungskoeffizient der Straße ist - einfach ausgedrückt - der Quotient aus der Fliehkraft Fa und der Gewichtskraft Fg und
damit der Winkel "Tangens Delta" im rechtwinkeligen Kräfte-Dreieck (s. Bilder unten).
Dieser Wert ist gleichzeitig auch der Wert für die max. Querbeschleunigung (in der Fliehkraft Fa steckt die Querbeschleunigung drin und in der Gewichtskraft Fg die Erdbeschleunigung).
Bei der Angabe der Schräglage spielt der Fahrstil eine große Rolle, deswegen ist "Schräglage" nicht gleich "Schräglage".
Generell unterscheidet man 3 Arten von Schräglagen (s. Bilder unten):
- "Legen"
- "Drücken"
- "Hängen"
Fahrstil "Legen"
Beim Fahrstil "Legen" liegen in der Schräglage alle Schwerpunkte (Fahrer, Maschine, gesamt) auf 1 Linie.
Eine "echte Schräglage von 57°" im Fahrstil "Legen" ist auf öffentlichen Straßen physikalisch gar nicht möglich.
Bei 57° wäre der Haftreibungskoeffizient zwischen Straße und Reifen 1,54 (Tangens 57° = 1,54) und damit die gefahrene Querbeschleunigung 1,54g - unmöglich!
Bei optimalen Bedingungen beträgt der Haftreibungskoeffizient "Straße/Reifen" in Verbindung mit ungeheizten Seriensportreifen max. 1,1 bis 1,2 (entspricht 48° bis 50° übertragbare Schräglage).
Fahrstil "Drücken"
Beim Fahrstil "Drücken" liegen in der Schräglage nicht alle Schwerpunkte (Fahrer, Maschine, gesamt) auf 1 Linie.
Deshalb wird im Fahrstil "Drücken" im Vergleich zum "Legen" vom Schräglagensensor eine zu hohe Schräglage angezeigt (bei 57° Anzeige dann echte Schräglage 6° bis 7° weniger. Quelle: Schräglagentests der Zeitschrift "PS").
Fahrstil "Hängen"
Beim Fahrstil "Hängen" liegen in der Schräglage ebenfalls nicht alle Schwerpunkte (Fahrer, Maschine, gesamt) auf 1 Linie.
"Echte Schräglagen" von über 50° bis 63° können nur auf Rennstrecken mit optimalem, makrorauem Belag und vorgeheizten Slickreifen im Fahrstil "Hängen" gefahren werden.
Bei Hobby-Rennfahrern werden echte Schräglagen von 57° erreicht (Haftreibungskoeffizient 1,54 bzw. Querbeschleunigung 1,54g), bei Profis in der MotoGP dann bis 63° (Haftreibungskoeffizient 1,96 bzw. Querbeschleunigung 1,96g).
Bei Marc Marquez wurden die 63° gemessen, der echte Winkel war bei seinem Fahrstil noch 3 Grad größer - unglaubliche 66°!
Das ist echt Wahnsinn, die fahren Querbeschleunigungen von ca. 2g!
Hier zur Verdeutlichung nochmal Bilder zu den 3 Fahrstilen "Legen/Drücken/Hängen"