Supermic hat geschrieben:Lieber Seppl,
erstmal mein aufrichtiges Beileid... Gott sei dank habe ich noch keinen Familienangehörigen auf solch tragische Art und Weise verlieren müssen.
Allerdings war ich schon oft mit ähnlichen Situationen konfrontiert - ich bin Rettungsassistent und habe in den 15 Jahren meiner Tätigkeit leider zu häufig schwerstverletzte oder Tote Motorradfahrer sehen müssen. Ich war außerdem in der Notfallseelsorge und Krisenintervention tätig, dort musste ich oft dabei sein, wenn die Polizei z.B. nach einem tödlichen Motorradunfall, Angehörigen die Todesnachricht übermittelt. Die Reaktion ist immer die gleiche: erst eine gewisse Ungläubigkeit und Schockstarre, dann meistens Gefühlsausbrüche, Wut und viele, viele Tränen..........viel später dann der Versuch, die Situation anzunehmen, Trauerarbeit zu leisten und einen Weg zu finden, damit zu leben...
Ich bin zu dieser Zeit selbst noch kein Motorrad gefahren, bin quasi als "Spätberufener" mit 33 Jahren zum Motorrad gekommen und das OBWOHL ich all dieses Leid und die Trauer gesehen habe. Ich habe selbst zwei Kinder (einen 9 jährigen Jungen und eine 7 jährige Tochter) und mache mir auch heute noch oft Gedanken, ob das mit dem Motorradfahren immer so "safe" ist...
Aber jeder der unser Hobby kennt, weiß, dass ein gewisses Risiko immer mitfährt - wir trinken Alkohol, wir rauchen oder setzen uns bei der Arbeit täglich neuem Stress aus, alles immer im Hinterkopf habend, dass auch das nicht gesund ist. Ich habe für mich festgelegt, dass ich auf dieses Hobby nicht verzichten mag, versuche allerdings so oft es geht, verantwortungsvoll mit diesem Hobby umzugehen, meinem Leben, meiner Familie und meiner Umwelt gegenüber. Ein Risiko lässt sich nie ganz ausschließen, aber sein Glück, Motorrad fahren zu können, zu dürfen, muss man genießen - eben mit Respekt vor der Gefahr und mit dem Gedanken an seine Lieben. Manchmal ist es schon hilfreich, bei einer Tour ab einem gewissen Punkt vielleicht nicht mehr NOCH MEHR am Hahn zu ziehen oder den, den man gerade auf der LS "verfolgt" einfach mal davon ziehen zu lassen, anstatt immer noch dran bleiben zu wollen.
Die Situation, mit der Du und Deine Lieben heute konfrontiert wurde, ist umumkehrbar - sei Deiner Familie und vor allem Deiner Frau in diesen Tagen und Wochen ein starker Halt, sei da, hör zu und lass die ersten Tage oder Wochen die RR vielleicht einfach mal in der Garage........ Es wird die Zeit kommen (müssen) in der die unendliche Trauer in ein zwangsläufiges Arrangieren mit der Situation wechselt, Du wirst selbst ein Gefühl haben, wann Du Deiner Familie und Dir wieder das Motorradfahren zumuten kannst. Es auf Dauer zu lassen hilft weder ihnen noch Dir.
Ich weiß, dass es leicht ist, "große Reden" zu schwingen, wenn man selbst nicht betroffen ist - trotzdem hoffe ich, Dir den ein oder anderen Anstoss zum Gedanken gegeben zu haben.
Sei stark - hilf Deinen Leuten - später hör´in DIch hinein und tu was Dir richtig erscheint.
Mic
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